Irgendwie bin ich hier im Urlaub am Meer faul. So richtig faul. Und diese Faulheit erstreckt sich vor allem auf alle häuslichen Aktivitäten. Schon nach dem morgendlichen Einschütten der Cornflakes ist meine kulinarische Motivation bis auf weiteres für den Tag erloschen. Dabei entwickeln sich die Kochambitionen meines Mannes und meine eigenen antagonistisch. Denn während mir schon das Einschenken des Kaffees zu viel wird, läuft mein Mann zu Höchstform in der Küche auf. Er schnippelt am Morgen, am Mittag und am Abend. Allerdings ist des Meisters Menüplan trotz seiner Unermüdlichkeit recht übersichtlich. Man könnte auch sagen, die wundervolle Gleichförmigkeit der Tage spiegelt sich in einer gewissen kulinarischen Monotonie wider. Diese wird vom Stenz wie folgt am Ende unseres Urlaubs kommentiert: „Oh nein, nicht schon wieder Spaghetti! Papa, ich glaube ich muss brechen.“ So hält unsere Familie während unseres 14 tägigen Italien-Urlaubs strikte Kohlenhydrat-Diät, die in erster Linie aus Thunfisch-Pasta, Spaghetti Bolognese und Pizza besteht. Allerdings ertappe ich meinen Mann nach vierzehn Tagen dabei, dass auch seine Koch-Euphorie leichten Ermüdungserscheinungen weicht.
Knoblauch mit Pfeffer – köstlich!
So entgegnet der Mann auf die Brech-Ankündigung des Stenzes mit einem Augenzwinkern: „Stenz, wie wäre es, wenn du mal für uns kochst?“ „Iiiich?“ kommt kulleraugig die prompte Gegenfrage.“ „Ich bin doch noch ein Kind!“ Aber irgendwie merke ich, dass es im Kopf meines Sohnes rattert. Eine halbe Stunde später, während ich das Rumliegen und Nichtstun perfektionierte, vernehme ich aus der Küche einen markerschütternden Schrei. „Aua, aua, ich habe das da gegessen“ wimmert der Stenz voller Abscheu und zeigt auf feurig rote Pfefferkörner. Ermuntert von der Kochaufforderung meines Mannes fing der Stenz in einem unbeobachteten Moment an, sich durch unsere italienische Gewürz-Sammlung zu futtern. Und zur Krönung seiner Degustation biss er als besonderes Leckerli einmal herzhaft in die von meinem Mann für die abendliche Pasta vorbereitete Knoblauchzehe. Yummie!
Abenteuer? Nein, danke!
Mein kulinarisches Desinteresse setzt sich auch im Widerstreben fort, alles was zur Küchenarbeit notwendig ist, zu beschaffen. So erweist sich mein Mann als perfekter Hausmann und zieht alle drei Tage los, um mit prall gefüllten Einkaufstüten voller Kohlenhydrate glücklich nach Hause zurückzukehren. Denn ich habe mich dazu entschlossen, mit unserem immerzu schwitzenden Baby und dem Stenz das heimische Idyll nicht mehr zu verlassen. Abendliche Spaziergänge und gelegentliche Besuche der umliegenden Traumstrände ausgeschlossen. Auf die Frage meines Mannes, ob wir denn heute einmal ein Abenteuer erleben möchten, lächele ich milde „Wenn Du mit Abenteuer beabsichtigst, unsere Beach-Bag nicht wie gewohnt links vom Felsen, sondern rechts davon zu platzieren, bin ich dabei. Ansonsten bin ich grundsätzlich dagegen.“ Denn mein Sinn nach Abenteuern war gestern nach einer halbstündigen Rettungsaktion eines Plastik-Pinguins, der aufs offene Meer tänzelte bereits gestillt. Mit gekonnten Brust-Schwimm-Bewegungen und unter der argusäugischen Beobachtung des Stenzes und seines besten Freundes gab ich mein Bestes und versuchte den kleinen arktischen Plastik-Vogel einzufangen. Leider versagte ich auf ganzer Linie. Vielmehr drohte mich das offene Meer genau wie das Schnabeltier davon zu spülen. Blessuren an beiden Knien und ein hochgradiger Erschöpfungszustand meinerseits waren die Folge. Von diesem musste ich mich für den Rest des Urlaubs erstmal erholen.
Bananen fischen – der perfekte Urlaubszeitvertreib
Das heißt natürlich nicht, dass ich mich nur noch dem süßen Nichtstun hingebe. Mitnichten, ich beantworte zum Beispiel so elementare Fragen des Stenzes wie: „wie viele Hände hat ein Ochse?“ „Ist der David mein Croissant (Cousin)?“ und zähle mit meinem Sohn die „Stampfer“, die langsam am Horizont des Meeres vorüberziehen. Auch das morgendliche Bananenfischen mit dem Stenz erfordert volle Konzentration und zählt zu meinen täglichen Tasks, die es gewissenhaft abzuarbeiten gilt. Denn gerade beim Bananen fischen zeigt der Stenz einen beispiellosen Ehrgeiz. Ursprünglich ausgedacht, um unser niemals hungriges Kind zum Essen zu motivieren, ist der Stenz von diesem Spiel so begeistert, dass er täglich mehrmals am liebsten ein Dutzend Bananen soweit es geht ins Meer wirft, um sie anschließend mit seinem Fischernetz heraus zu angeln. Anschließend verspeist nicht nur er mindestens zwei Bananen, sondern alle Familienmitglieder, das Baby eingeschlossen, werden genötigt, das gelbe nach Meersalz schmeckende Gematsche zu mampfen. Außerdem vergräbt der Stenz heimlich still und leise Schätze im Sand. Als ich ihn zufällig nach der Beschaffenheit seiner Schätze befrage, erklärt er mir, dass er sein gesamtes Geld aus seinem Sparschwein (das er vorsorglich in den Urlaub mitnahm) so perfekt in einer Sandmulde verborgen hat, dass seine Besitztümer niemals von Piraten entdeckt würden. Das ist sehr schade, denn als wir am Tag unserer Abreise unser gesamtes Kleingeld in die Airport-Massageliegen stecken, denken wir wehmütig an des Stenzes verborgenen Schatz zurück. Denn jeder aus unserer Familie möchte noch eine weitere Massage-Einheit absolvieren. Selbst das Baby gluckst und jauchzt mit dem Stenz um die Wette, als ihm eine ausgiebige Popo-Massage zuteilwird. „Nächstes Jahr vergrabe ich mein Geld nicht mehr am Strand, sondern hier im Automaten“ gibt der Stenz zu bedenken, als der letzte entspannende Ruck durch seinen kleinen Rücken fährt. Das nenn’ ich mal familiäre Didaktik.