Where goes it to the beach?

Der Auszug aus Ägypten kann beginnen. Schon allein das Packen von sieben Trilliarden Badetaschen für den Strand kommt in unserer Familie einer zeitraubenden Doktorarbeit gleich, die sich in folgende Kapitel gliedert:

I) Sonnenschutz-Gedöns
II) Beach Entertainment
III) Lecker Strandhappen

kleine weiße neopren gespenster 

So beginne ich mit der Bearbeitung des ersten Gliederungspunktes und beantworte folgende Fragestellungen: Sind für alle Sonnenhüte im Gepäck? Und auch die obligatorischen Ersatzhüte? Denn meine Familie verliert Sonnenhüte wie andere Leute Regenschirme. Wie schaut es mit den hundert unterschiedlichen Sonnencremes aus? A propos Sonnenschutz, habe ich schon erwähnt, dass ich das Eincremen meiner Kinder hasse? „Bitte, bitte Stenz stillstehen, bitte kannst Du Dich kurz zu mir umdrehen?“ Diesen Satz bete ich während des Eincreme Manövers unzählige Male mantramäßig herunter, bevor ich zum Sprint ansetze, um meiner Tochter im Schweinsgalopp hinterher zu hechten, da sie sich bei der Ankündigung „Louloubelle eincremen!“ erst mal spontan aus dem Staub macht. Habe ich sie eingefangen, besteht sie darauf, meine Uhr, meinen Bikini und auch meine Haare gleichermaßen mit Sonnenmilch zu behandeln. Gerade letztere könnten in Anbetracht ihrer Strohigkeit ein wenig Sonnenschutz vertragen, so jedenfalls denkt sich wohl meine Tochter. Ist es dann vollbracht und meine Sprösslinge unter einer Zentimeter dicken weißen Cremeschicht begraben, beginnt das Suchen der unterschiedlichen Neopren Shirts und Shorts. Denn die kleinen milchig ausschauenden Gespenster brauchen für einen Tag am Strand ja noch das passende Gewand! Ach, was muss das ungeschützte Sonnenbaden zu Großmutters Zeiten noch herrlich gewesen sein!

Das Krokodil: hüter des Strandhauses

Nach Abschluss des Sonnenschutz-Kapitels beginnt die Zusammenstellung des Entertainment und Sport-Utensils. „Nein, Stenz, die Flossen und deinen Schnorchel samt Taucherbrille brauchst du an diesem Strand nicht!“ Der Mann ächzt und stöhnt im Hintergrund und verkündet baldigen Wadenkrampf, verursacht durch das Aufblasen der Luftmatratze via Blasebalg. “Aber dann will ich wenigstens mein großes Krokodil zum Reiten mitnehmen!” quengelt der Sohn mit dem Vater um die Wette. “Wer soll das denn alles schleppen?” unterbricht der Mann sein Aufblas-Gejammere. “Wir haben ja auch noch zwei Sonnenschirme, das Zelt und die Luftmatratze – nein, das Krokodil bleibt zu Hause und bewacht unser Häuschen”, versuche ich dem Stenz zu erklären. “Ok, gut Mama.” Wow, das war einfach, ich glaube es kaum, dass dieser Erklärung keine langwierige Debatte folgte. “Aber meinen Eimer, Schaufel, Bagger und ach ja, das Fischernetz müssen unbedingt mit!”

Mit „Essen auf Rädern“ zum Strand

Ich genehmige sämtliche, für eine Fischgroßfang-Aktion benötigten Angler Accessoires, und beginne mit den kulinarischen Vorbereitungen für die bevorstehende Strand Exkursion. Noch schnell ein kleines Salätchen gezaubert, während Teile von mir in der ca. 45 Grad heißen Küche immer wieder ins Fischernetz geraten und ich meine Tochter davon abhalte, sämtliche, von unserem Vermieter als Deko-Elemente aufgestellten Muscheln in den Mülleimer zu schmeißen. Noch eine Wagenladung Bananen eingepackt, Cracker, Babyflaschen und ca. Dreiliter Wasserflaschen und schwuppdiwupp, schon sind wir bereit. Ich komme mir vor, wie ein „Essen auf Rädern“ Lieferant. Wie schnell das immer geht! Ein Blick auf die Uhr verrät, dass wir nur lächerliche anderthalb Stunden mit Packen beschäftigt waren.Mit unserer Strand-Ausstattung könnten wir locker das nächste halbe Jahr am Meer kampieren. Mit welcher Leichtigkeit beging ich doch früher einen Beach-Tag: Ein Handtuch, ein Buch, Wasser und das war’s. Mensch, jetzt hätte ich fast die Handtücher vergessen. Ich frage mich mittlerweile, warum wir uns eigentlich nicht einfach wieder an „unseren“ Strand direkt vor der Haustür fläzen? Hier sind wir immer alleine, müssen nichts packen und schnorcheln kann man auch.

Der Kampf um die letzte freie Strandparzelle ist eröffnet

Ach ja, am anderen Strand ist die Farbe des Meeres so unglaublich Türkis! Was ein absolut bekloppter Grund schimpfe ich leise vor mich hin, während ich mit Louloubelle auf dem einen Arm, einer ca. 20 kg schweren Strandtasche in der anderen Armbeuge und einem Strandzelt um den Hals, gefolgt von einem ebenso schwer beladenen Mann und einem heroisch schleppenden Stenz über glühend heißen Sand stapfe auf der verzweifelten Suche nach einem freien Strandplätzchen in der Front Row. Leider sind eben diese Plätze an dem ach so Türkis schimmerndem Meer heute rar gesät. Das einzig freie Eckchen Sand direkt am fluoreszierenden Ozean erspähen wir vor dem Wassersport Verleih. Na ja, die werden schon nicht so sein. Doch, leider sind sie so! Allerdings erst nachdem wir unsere zehn Trilliarden Taschen abgestellt, ausgeräumt und unsere Schirme und das Zelt im Schweiße unseres Angesichts aufgebaut haben. Denn erst dann werden wir von dem Wassersport-Futzi mit Schimpf und Schande vertrieben. Also ganz ehrlich von den Italienern hätte ich da mehr Souveränität und Toleranz erwartet. Ich fühle mich gerade ein bisschen wie Maria und Joseph, die für die Geburt des Heilands um Obdach betteln. “Komm, ich frag‘ mal die sympathisch dreinschauende, etwas mollige italienische Mami, ob es ihr was ausmacht, wenn wir uns schräg vor ihrem Schirm niederlassen, oder besser gesagt, Schweiß gebadet zusammenbrechen. “Do you mind?” beginne ich vorsichtig und mit unsicherer Stimme in ihre Richtung. „Noooo!!!!“ kläfft sie mir entgegen. Was eine Kuh! Das gibt‘s doch nicht! Von wegen italienische Gastfreundschaft. Bei der Verteidigung ihrer Strandparzelle versteht sie keinerlei Spaß. Mittlerweile scheint auch Loulebelle, die tonlos auf meinem Arm sitzt, meine Körperwärme bei 37 Grad im Schatten als nicht mehr ganz so Trost spendend wie sonst zu empfinden.

bloss kein peeling, der sand muss weg! 

Um Himmels Willen, ein Blick auf meine Tochter lässt mich entsetzt auffahren. Ihre Augen sind feuerrot, die Nase läuft und ihre Stirn ist übersät mit unzähligen, ziemlich ungesund aussehenden Quaddeln. Und ich ahne, dass sie sich mal wieder die Sonnencreme ins Auge gerieben hat. Das arme Hascherl. Gute Manieren hin oder her, dem Kind muss geholfen werden. Wir pflanzen uns jetzt einfach neben den feschen italienischen Opa im Tiger-Tanga, basta! Zum Glück hat er Erbarmen und zwinkert dem Stenz freudig zu. Louloubelle betten wie auf Handtücher und sie beginnt sofort mit der akribischen Säuberung ihres Körpers. Denn trotz Sonnencreme im Auge und allergischer Reaktion übersieht meine Tochter kein einziges Sandkorn, das an ihrem Körper haften bleibt. Und da bleibt viel haften. Denn dieser Strand erfreut sich nicht nur eines türkisblauen Meeres, sondern auch an besonders feinem, kleinkörnigem Puderzuckersand. So sitzt meine Zweitgeborene stoisch auf ihren Handtüchern, reinigt sich und scheint ansonsten wunschlos glücklich. Was ein wunderbares Kind. Am Strand laufen kann sie leider nicht, da sich ihre Füße partout weigern, den Sand zu berühren. Das wäre aber auch zu ärgerlich, wenn man zuvor Stunden mit der Sand-Reinigung verbracht hat. So tragen wir unser „Königs-Baby“ sänftengleich für einen erfrischenden Location-Wechsel immer wieder zum Meer und betten sie sanft auf der Luftmatratze. Zu dieser entwickelt sie auf Anhieb ein ähnlich inniges Verhältnis wie zu unseren Handtüchern. Sie möchte am liebsten gar nicht mehr runter. Freudestrahlend und glucksend blickt Sie in die schimmernde Ferne. So hat sich unser kleiner Ausflug vollends gelohnt. Wir Glückskinder! Hach, das Meer hier ist aber auch wirklich sagenhaft Türkis!

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