Dem Glück auf der Spur

Der Stenz will einen Hund. Gleichzeitig weiht er seine Neugier seit geraumer Zeit dem Wunder des Internets. Und so taucht er immer wieder ab in die Tiefen des Worldwidewebs. Diese Tauchgänge, verbunden mit dem innig gehegten Wunsch, endlich Hundebesitzer zu werden, stellen allerdings eine fatale Kombination dar. So stürmte Lou vor ein paar Tagen abends zu mir ins Bad und rief mir atemlos entgegen: „Stenz bestellt Hund im Puter (Computer)!“ Wahrscheinlich waren Neidgefühle der Treiber ihrer Denunziation. Denn nachdem sie sich selbst kürzlich meines Handys mit den Worten bemächtigte: „Hab‘ Handy, wo kann ich bestellen Fähd (Pferd)? wartet sie bis heute vergeblich auf die Gaul-Lieferung. Warum sollte ihr Bruder also mehr Glück haben?

Hilfe, familiärer Neuzugang aus Osteuropa!

Und tatsächlich, nachdem ich mein  Abschminken aufgrund Lous Ankündigung abrupt verkürzte, entdeckte ich unseren Sohn vor Papas Computer. Er war gerade dabei, sich unsterblich in eine slowakische Hundewelpe zu verlieben. „Oh Mama, schau mal, die ist so süß!“ Das nenn‘ ich perfektes Timing. Ich kam gerade rechtzeitig, um den familiären Neuzugang aus Osteuropa noch zu stoppen. Allerdings war nur ich von diesem Timing begeistert. Dabei bin ich der Meinung, man muss Kindern im Leben auch Ziele setzen. So sieht der Stenz seinem Erwachsenwerden nun mit noch größerer Freude und Ungeduld entgegen. „Das Erste, was ich mache, wenn ich von zu Hause ausgezogen bin, ich kaufe mir einen Hund!“ entgegnete er mir mit einer Entschlossenheit, die ich wohl durch das Drücken der Escape-Taste und dem plötzlichen Erlöschen seiner vierbeinigen Liebe, auslöste.

A Sackerl für’s Kackerl – Och nö!

Finde ich super, soll er machen, so ein bisschen Motivation braucht man ja auch, um zu wachsen. Ich bin auf jeden Fall heilfroh, dass meine beiden Kinder endlich stubenrein sind. Nach ca. sechs Jahren des Windelwechselns habe ich es geschafft. Mein Leben ist windelfrei. Nach diesem großartigen Fäkal-Erfolg werde ich nun doch nicht anfangen, in meiner kostbar bemessenen Freizeit mit einem roten Sackerl fürs Kackerl durch die Lande zu ziehen. Ich bin doch nicht wahnsinnig. An dieser Stelle werden nun alle Hundebesitzer, allen voran mein Bruder, dessen größte Liebe sein Hund ist, lauthals und vehement rebellieren. Man könne doch das Verhältnis zu einem Hund nicht auf solche Nichtigkeiten reduzieren, wo ein Hund einem doch so viel Treue und Geborgenheit schenke. Und ich stimme diesen Stimmen auch bedingt zu. Daher werde ich mich in zehn Jahren, wenn der Stenz dann auszieht, auch voller Enthusiasmus hin und wieder zum Sitten seiner vierbeinigen Liebe bereit erklären. Aber bis dahin ist es endlich an der Zeit, dass nicht nur der Stenz, sondern auch ich meine Ziele wieder stringent verfolge.

Versuch’s mal mit Beharrlichkeit

Ich habe vor ein paar Wochen mal reingehört, so ganz kurz in den Clubhouse Talk „Pursuit of Happiness“. Ich weiß, das ist ein bisschen peinlich, aber irgendwie war es auch ein bisschen erkenntnisreich. Laut des Oberredners liegt das Glück nämlich im Näherkommen eines persönlichen Ziels begründet. Ach so, so ist das also mit dem Glück. Seither beschäftigt mich das mit den Zielen irgendwie. Es lässt mich sogar nicht mehr los. Und scheinbar kennt und verfolgt jeder um mich herum ganz genau seine Ziele. Selbst ein flüchtiger Bekannter schickte mir vor ein paar Wochen eine dezidierte Liste seiner Lebensmissionen. Interessant. Und auch ich habe irgendwie so das Gefühl, es ist jetzt vielleicht an der Zeit, die mutigeren Ziele, die ich mir zu Jahresbeginn noch voller Tatendrang vorgenommen habe, auch während des Jahres zu verfolgen. Da bin ich nämlich irgendwann, so zwischen dem 3. Januar und Ende Februar ein wenig erschlafft. Vielleicht sollte ich mich mehr von der Mars Expedition „Perseverence“ inspirieren lassen. Die hat ja auch nicht mitten im Landeanflug auf den roten Planeten aufgehört und die Hymne „Versuch’s mal mit Gemütlichkeit“ angestimmt. Dabei kommen meine abendlichen Dankeslisten gerade sehr bescheiden daher. Ich glaube, ich muss mich wieder an den wagemutigeren Zielen versuchen. Aber genau dieser Vorsatz ist als Mama manchmal gar nicht so einfach und man verliert sich allzu leicht in den kleinen Alltagstriumphen: “Yeah, wieder eine Spülmaschine ausgeräumt!” Dabei bin ich mir ziemlich sicher, ich bin eher nicht so der Typ, dem das Glück bei ausgeräumter Spülmaschine plötzlich jubelnd ins Gesicht springt. Ich möchte sogar ganz unbescheiden behaupten, da müssen größere Triumphe her, die mich zum Fliegen bringen.

Ein Hoch auf unsere Haus-Elfe

A propos fliegen. Direkt auf Platz zwei der Stenz’schen Wunschliste steht ein Hoverboard. Und wild ist er entschlossen, seinem zweitsehnlichsten Ziel, endlich mit Karacho auf seinem speedy Board durch unsere Straße zu fetzen, näherzukommen. Er ist wirklich zu allem bereit. Und wenn ich schreibe zu allem, dann meine ich auch zu allem. Selbst zum regelmäßigen Kehren unter unserem Tisch. Zum Laub aufsammeln in unserem Garten. Ja, sogar zum Staubsaugen unseres Hauses. So scheint es mir, dass er schon in jungen Jahren, die Macht des Zauberwortes „Beharrlichkeit“ für sich entdeckt hat. Chapeau! Aus meinem Jungen wird mal was. Jeden Morgen richtet er als erstes das Wort an seine beste Freundin Alexa, wie viel Tage er denn noch habe, bis an seinem Geburtstag sein Traum vom Hoverboard-Fliegen endlich Realität wird. Derzeit sind es noch 75 Tage. 75 Tage, in denen uns der Stenz noch tatkräftig, ja beinahe sklavisch zur Hand gehen wird. Denn während der Wunsch nach einem Hoverboard in ihm plötzlich eine Seite der grenzenlosen Hilfsbereitschaft freigelegt hat, habe ich die grenzenlose Kraft der Erpressung entdeckt. Ich weiß, das ist kein schöner Zug. Und bevor ich Kinder bekam, verurteilte ich jegliche Form erpresserischen Handelns zutiefst. Wie entrüstet war ich damals als mir mein bester Freund resigniert erzählte, dass seine gesamte Erziehung lediglich auf Erpressung beruhe. Und wie bemitleidete ich ihn doch für sein pädagogisches Versagen. Beinahe acht Jahre später hat sich meine Einstellung etwas geändert und ich nutze tatsächlich jede Gelegenheit, um meine Kinder zu hilfsbereiten Wesen zu erziehen. Ganz nach Machiavelli, nach dem der Zweck die Mittel heiligt. Und so werde ich mich die nächsten 75 Tage am Eifer unserer emsigen Haus-Elfe erfreuen. Dank seines unermüdlichen Engagements habe ich endlich Zeit, meine eigenen Ziele wieder konzentriert zu verfolgen. Und auch meine Tochter scheint in Sachen persönlicher Ziel-Realisierung dieses Jahr die Nase ganz weit vorne zu haben. So verkündete sie mir heute morgen mit ihrem unwiderstehlichen Lachen im Gesicht: „Mama, wenn ich groß bin, dann kümmere ich mich auf Dich!“

 

 

Ohhhhm!

„Ich lebe in Fülle.“ Schön, dass mich dieser Satz nun jeden Morgen quietschfidel aus dem Badezimmerspiegel anlacht. Und auch mein Mann grinst mich heute morgen im Bad liebevoll mit den Worten an: „Besser in Saus und Braus als in Fülle leben!“ Er scheint meine Selbst-Affirmationen, mit denen ich mich in Pandemie-Zeiten ein bisschen selbst bescheißen will, nicht ganz ernst zu nehmen. Aber irgendwie muss man ja versuchen, den Mangel an Reisen, Restaurantbesuchen und Freunde treffen zu überwinden. Und ich versuche es eben mit ein bisschen Esoterik. Eigentlich klappt das gar nicht mal so schlecht. Denn anstatt auf das zu schauen, was mir gerade in Corona-Zeiten so fehlt, sollte ich lieber die Dinge im Blick haben, die mich wortwörtlich in Hülle und Fülle umgeben. Da wäre zum Beispiel meine Familie. Von ihr habe ich momentan so richtig viel. Man könnte sogar von Überfluss sprechen. Sie verfolgt mich quasi auf Schritt und Tritt. Und manchmal habe ich gar das Gefühl,  dass wir regelrecht miteinander verschmelzen und  langsam aber sicher zu einem homogenen Klumpen werden. Und das ist kein Wunder, denn wenn man das mal so hochrechnet, sind wir seit knapp drei Monaten nonstop zusammen. Das sind dann beinahe mehr als 90 Tage oder 2.160 Stunden. Wenn das mal keine Fülle ist. Mehr geht kaum. Großartig!

Ein Mangel kann so schön sein!

Wobei so ein kleines bisschen Mangelempfinden kann ja auch ganz nett sein. Einfach mal ein paar Tage Auszeit von der Kernfamilie. Wie sich das wohl anfühlen mag, alleine? Wahrscheinlich ziemlich öde und langweilig. Man hätte gar nichts mehr zu lachen. Und man müsste auch keine Lösungen für Probleme finden, die man ohne die Kernfamilie nicht hätte. Dabei denke ich gerade an eine gute Freundin, die wirklich in der Klemme sitzt.

Winterschlaf, so hält man sich die Familie in Corona-Zeiten vom Leib

Denn meine Freundin hat nicht nur zwei Kids und einen Mann, sondern auch noch einen Hermann. Allerdings ist Hermann seit ein paar Wochen ziemlich ruhig, da er es sich im Kühlschrank bequem gemacht hat. Dabei ist hier nicht die Rede vom ätzenden Hermann-Teig, einem ekligen Sauerteig aus Hefe und Weizenmehl, der seine besten Tage in den 90ern hatte. Nein, bei Hermann handelt es sich um eine Landschildkröte, die seit einigen Jahren das Leben unserer Freunde auf wundervolle Art bereichert. Nur momentan eben nicht. Denn Hermann hält im Kühlschrank Winterschlaf. Eine, wie ich finde, recht diplomatische Art, um sich die Familie in Corona-Zeiten vom Leib zu halten. Vielleicht sollte ich mir das auch überlegen. Allerdings würde ich, anstatt des Kühlschranks eher die Karibik als Ort meines hivernalen Rückzugs wählen. Aber egal. Meine Freundin hat jetzt jedenfalls ganz andere Probleme als von einem stillen Örtchen für sich selbst zu träumen.

Wie reanimiert man eine Landschildkröte?

Sie sollte eher einen Reanimationskurs für Landschildkröten besuchen. Denn das Thermometer von Hermanns Winterdomizil zeigte, zu ihrem großen Entsetzen, Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. So scheinen -2° Celsius für die Gesundheit einer Landschildkröte im Winterschlaf nicht gerade förderlich zu sein. Jedenfalls erschien ihr, der sonst so unternehmungslustige Hermann, der gerne auch mal auf Solo-Exkursionen die bayerische Landidylle jenseits der eigenen Gartenmauern erkundet, plötzlich nicht mehr ganz so munter. Im Gegenteil, er wirkte eher steif und reglos. Zum Glück wusste der Mann meiner Freundin Rat. Und er verwöhnt Hermann derzeit mit einer ausgiebigen Infrarot-Strahlentherapie, die wohl auch Früchte trägt. So stehen die Zeichen auf Entwarnung und es sieht ganz so aus, dass das gutmütige Reptil es den Tiefkühlerbsen nachmacht und wieder auftaut. Denn unter dem müden Panzer wurden tatsächlich erste behäbige Bewegungen gesichtet.

Kein Bedarf an Hermann II

Dabei hatten wir uns schon so wunderschöne Lösungs-Szenarien überlegt: Szenario eins sah zum Beispiel vor, auf dem schnellst möglichen Wege Hermann II zu beschaffen, der dann so unauffällig wie möglich in die Fußstapfen seines wackeren Vorfahrs treten sollte. Auch die Akquise eines munteren Fischleins stand kurzweilig zur Diskussion. Dabei fand die Diskussion in absoluter Verschwiegenheit statt, um den Seelenfrieden der Kinder meiner Freundin nicht unnötig zu belasten. Dass sich Hermann I wohl aber in absehbarer Zeit um keinen Nachfolger sorgen muss und hoffentlich bald wieder ganz der Alte ist, das nenn‘ ich mal ein Happy End! Und zwar auch für unsere Familie. Denn so wie es ausschaut, werde ich bald in noch mehr Fülle leben. Der Sohn meiner Freundin plant nämlich, auch uns zum Stenz’schen Geburtstag, mit einem Hermann zu beglücken. Wie Wundervoll!

 

Die besten Beschäftigungs-Strategien zum Überleben im Lockdown

Mit der rechten Hand ziehe ich meine Tochter wie einen kleinen, bockigen Esel hinter mir her, während ich mit meiner linken Körperhälfte versuche, mich gegen die brachiale Naturgewalt, die sich mir mit voller Wucht entgegenstemmt, zur Wehr zu setzen. Denn um uns herum tobt ein ohrenbetäubender Sturm, der mir mit einer Windstärke von gefühlten 200 Stundenkilometern ins Gesicht peitscht. Dabei ist mein linkes Ohr am Erfrieren und mein rechtes Ohr beinahe taub. Denn der kleine bockige Esel gibt alles, um im akustischen Wettstreit gegen den heulenden Wind zu gewinnen. Und sie hat tatsächlich die Nase ganz weit vorn. Ihr lauthalses Gebrüll wird lediglich von ihrem Jammer-Staccato unterbrochen: „Mama, ich fühle Kälte auf der Haut. Mamaaa, ich brauche Fell im Gesicht.“ Und sie hat Recht. Auch ich hätte gerade nichts gegen eine kleine Fellschicht an Stirn und Wangen einzuwenden. Auch Ohropax wären nicht schlecht. Denn nun setzt ihr markerschüttterndes Geschrei wieder ein. Das Herrchen, das mit seinem fidelen Dackel an mir vorbeiläuft, schaut mich mitleidig an.

Strategie 1: Spaziergänge – Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung!

Vielleicht ist das stoische Festhalten an meinem Plan, im Lockdown bei jedem Wetter vor die Tür zu gehen, doch etwas überambitioniert? Ehrlich gesagt, hielt ich die klugscheißerische Phrase „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung.“ seit jeher für bekloppt. Aber wir lassen uns doch von Corona und so einem kleinen Windchen nicht unterkriegen, oder vielleicht doch? Kurzzeitig bin ich geneigt, mein schreiendes Kind einfach stehen zu lassen und weiterzulaufen. „Gehört der bockige Esel mit dem fehlenden Fell im Gesicht etwa zu mir? Ich glaube nicht.“

Strategie 2: Märchen – Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute

Aber ich bin ja keine Rabenmutter. Und so drehe ich nach drei Schritten ohne meine Tochter wieder um und versuche den Heimweg mit Beschäftigungs-Strategie Nr. 2 zu verkürzen: „Komm mein Engel, ich erzähle dir ein schönes Märchen und dabei laufen wir ganz schnell nach Hause. Also, es war einmal eine Prinzessin. Sie lebte mit ihrem glitzernden Einhorn und ihrem Prinzen zusammen auf einem wunderschönen Schloss.“ „Nein!“ schreit mir meine Tochter, die ein großes Faible für Einhörner und Prinzessinnen pflegt, mit Furor entgegen. „Kein Prinz! Die Prinzessin lebt nur mit Einhorn auf Schloss!“ O.k., unsere Tochter scheint keine guten Erfahrungen mit Prinzen gemacht zu haben. Auf meine Frage, warum sich die Prinzessin denn in keuscher Einsamkeit in ihrem Prachtbau verlustieren solle, antwortet mir Lou kurz und präzise: „Prinzen sind blöd und hässlich.“ Das finde ich eine großartige Erklärung. Ich bin mir sicher, dass unser Mädchen mit einer solch realitätsnahen Attitude vor der ein oder anderen Enttäuschung im Leben bewahrt wird. Also setze ich meine Geschichte ohne Prinzen fort und ich muss in aller Bescheidenheit zugeben, sie nimmt ein ganz fabelhaftes Ende. Ja, das Märchen ohne Prinz verläuft sogar richtig charmant und so komplikationslos.

Strategie 3: Phantasie – Wer braucht schon Prinzen, wenn man Diener haben kann?

Am Abend erzähle ich dem Stenz von Lous Aversion gegen Prinzen. Dieser zeigt sich wenig erstaunt und gibt zu bedenken: „Ich finde, Lou ist zu verwöhnt.“ Daraufhin entfährt dem Mann und mir unisono ein neugieriges „Warum?“ Und der Stenz ist um eine Erkrlärung nicht verlegen. Im Gegenteil, er begründet sein Urteil damit, dass seine kleine Schwester allmorgendlich nicht nur ihr Geschmeide, sondern auch ihr wallendes, weißes Sommerkleid anzöge und sich mit stolz geschwellter Brust eine Krone auf ihr scheinbar royales Haupt setze, um ihm dann mit gebieterischer Miene zu erklären, er sei nun ihr Diener. Eine aus emanzipatorischer Sicht wiederum nicht ganz schlechte Einstellung. Was braucht Frau einen Prinzen, wenn sie doch eigentlich viel besser mit einem Diener auskommt? Eine Logik, die sich mir auf Anhieb voll und ganz erschließt. Bravo! Und auch die Freundinnen unserer Tochter scheinen sehr emanzipiert. Während eines Playdates, das noch vor der Pandemie stattfand, flüsterte mir ein Freund des Stenzes, der ebenfalls ein großer Bruder ist, unter vorgehaltener Hand entgegen: „Ich fürchte mich vor meiner Schwester“. Dann lief er tonlos weg und sperrte sich in unserer Gäste-Toilette ein, während ihm seine zwei Jahre jüngere Schwester, die zeitgleich bei uns weilte, dicht auf den Fersen war. Zwar fürchtet der Stenz seine kleine Schwester nicht, aber eine andere Angst nahm kürzlich abends von ihm Besitz. Diese artikulierte er wie folgt: „Mama, gehst Du heute Abend auch nicht weg?“ „Nein, mein Engel, in Bayern herrscht strikter Lockdown mit Ausgangssperre. Daher gehe ich nirgendwohin.“ entgegnete ich besänftigend. Woraufhin mir der Stenz seine tiefsten Befürchtungen darlegte: „Ach Mama, ich habe so Angst, dass Du vor uns fliehst.“ Was habe ich doch für einen empathischen Sohn!

Strategie 4: Farbe – Mach Dein Leben bunt!

Dabei kann das Leben sogar im Lockdown wirklich schön sein. Vor allem, wenn sich die Kinder, während man selbst noch schläft, so herrlich selbst beschäftigen. Kürzlich legte sich der Stenz morgens in aller Herrgottsfrühe eine wahrlich authentische Verkleidung zu. Seinen Aussagen zu Folge, wollte er sich einmal im Leben wie ein Hund fühlen. Was ihn dazu bewegte, sich aus der gesamten Karnevalsschminke eine orangene Brühe anzurühren (es ist an dieser Stelle überflüssig zu erwähnen, dass die Spuren dieser Brühe seitdem unser gesamtes Haus zieren) und sich das scheußliche Gemisch auf seinen kompletten Oberkörper zu schmieren. Circa eine Stunde mussten wir ihn anschließend schrubben mit dem Ergebnis, dass noch Wochen nach seiner Hunde-Aktion orange-braune Farbe hinter seinen Ohren und an seinem Nacken haftete. Da lobe ich mir unserer Tochter, die zurzeit nicht sich selbst, sondern viel lieber ihren besten Freund schminkt. Mit den verheißungsvollen Worten: „Du bekommst blaue Schminke, weil Du ein Junge bist“ klatschte Lou ihrem „Best Buddy“ unlängst aquamarin-blauen Lidschatten quer über Stirn, Kinn und Wangen und kürte das glorreiche Make-Up noch mit einem grün-glitzernden Lippenstift, der unterhalb seiner Lippen vielversprechend funkelte. Wirklich viril! Farbe braucht der Mann. Und wer weiß, vielleicht wird der blaugrüne Frosch ja schließlich doch noch zum Prinzen?