Pups mich an, Du Mixer!

Heute Abend fragte uns der Stenz mit glänzenden Augen, ob wir denn das schlimmste Wort der Welt kennen würden? Wir verneinten und betonten mit Inbrunst auch kein Interesse am schlimmsten Wort der Welt zu hegen. Allerdings wurde Louloubelle sofort hellhörig. Denn bei „bösen Worten“ scheint es mir, wird ihr Gehirn plötzlich zu einem Schwamm, der innerhalb weniger Sekunden mephistophelische Bezeichnungen in sich aufsaugt, um sie dann bei passender Gelegenheit vor großem Publikum laut zum Besten zu geben. Ob wir wollten oder nicht, angefeuert durch die Neugierde seiner Schwester, schleuderte uns der Stenz mit schelmischem Eifer das schlimmste Wort der Welt entgegen: „Mixer!“ Ein großes Wort plumpste da auf unseren Tisch. „Mixer?“ fragte ich ungläubig. „Oh Gott, Mi(chs)er!“ wiederholte der Mann, auf einmal voller Abscheu. Wo hast Du denn dieses grässliche Wort aufgeschnappt? „Och, auf dem Pausenhof hat das einer geschrien.“ entgegnete der Stenz plötzlich etwas genant.  „Ja, Mixer ist wirklich furchterregend, bitte wiederhole das nie, nie wieder!“ befahl ich ihm mit autoritärem Nachdruck und zwanghaft unterdrücktem Lachen. 

„Guckst Du, Rhododendron!“

„Das ist ja noch tausendmal schlimmer als Rhododendron.“ gab ich ihm zu verstehen. Als Hintergrundinformation sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass die Stenz’sche Oma einen ganz besonderen Humor besitzt. Als ihr Enkel sie das erste Mal mit einem Schimpfwort konfrontierte, erklärte sie ihm seelenruhig, dass das eigentlich gar kein so unheilvolles Wort sei, das er da gerade von sich gegeben habe. Viel verwerflicher wäre es, wenn man seine Wut mit folgendem, an Frevelhaftigkeit kaum zu überbietenden Ausdruck Luft verschaffe: „Rhododendron“. Mit hochrotem Kopf voller Zorn so ein „RHODODENDRON!“  in die Welt geschmettert, ja das hätte schon was, das wäre tatsächlich eine der wüstesten Verunglimpfungen, die man von sich geben könne. Mein Sohn war beeindruckt und begeistert zugleich. Auch wenn es ihn anfangs noch einige Mühe kostete, diesen schändlichen Ausdruck höchsten Furors auszusprechen. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister und nach unzähligen, etwas unverständlich genuschelten „Rodendrons“ beherrschte er das „böse Wort“ aus dem FF. Auch wenn er heute, ein paar Jahre später dahinter gekommen ist, dass ein blühender Rhododendron seine Eltern eher in Verzückung als in Bestürzung versetzt, ertappe ich ihn immer wieder, wie er mit großer Wonne seiner kleinen Schwester „Rhododendron“ ins Ohr flüstert. Nun ja, Rhododendron scheint wohl oder übel durch „Mixer“ abgelöst worden zu sein. Wobei ich eindringlich hoffe, dass er hier nicht so schnell hinter die eigentliche Diffamierung, die da heute über den Schulhof hallte, kommt.

„Moden Mama, moden!“

Sei’s drum. Auch Louloubelle hat mittlerweile ihren ganz eigenen, ausdrucksstarken Sprachduktus entwickelt, der glücklicherweise von allen, ihr nahestehenden Personen mit Leichtigkeit dechiffriert wird. Die Terminologie „Pups mich an, mehr pupsen, mehr pupsen.“ muss bei unserer Tochter unbedingt im Kontext gesehen werden. Sitzt sie nämlich auf der Schaukel, ist ihr Ausruf nicht etwa als Aufforderung an die auf der umliegenden Weide grasenden Kühe zur Freilassung von Methan-Gasen zu verstehen, sondern vielmehr als „Schubs mich man, mehr schubsen, mehr schubsen!“ zu interpretieren. Dabei sollte man ihrem Befehl unbedingt augenblicklich Folge leisten, sonst gibt es Geschrei. Denn unsere Tochter weiß im zarten Alter von fast drei Jahren ganz genau, was sie will und noch viel mehr, was sie nicht will. Auf die Frage, „Louloubelle, wann gehst Du denn endlich auf’s Töpfchen?“ erwidert sie gerne beschwichtigend: „Moden (Morgen) Mama, moden.“ Dabei tätschelt sie mir dann ganz  großväterlich und wohlwollend die Hand.

Einer Wind, einer Wind, das himmlische Kind!

Na dann, hoffen wir auf morgen und harren der Dinge, die da kommen. Ein Wind sollte auf jeden Fall nicht kommen. Denn den kann unsere Zweitgeborene nicht ausstehen. Gestern schrie sie voller Entrüstung von ihrem Kindersitz auf dem Fahrrad hinter mir: „Mama, einer Wind, einer Wind!“ und versuchte dabei ihre Haare, die ungestüm in ihr Gesichtchen flogen, wieder unter den kleinen Sturzhelm zu streichen. Als dies misslang, war sie außer sich über den einen Wind, der ihr da so unverschämt entgegen blies. Zu Hause angekommen pieselte sie bei dem Versuch stubenrein zu werden erst einmal auf’s Parkett, wickelte sich anschließend in den Vorhang ein und versuchte wohl so unsichtbar zu werden wie der eine Wind. Vor mich hin grollend schrubbte ich das Parkett als sie mir plötzlich aus ihrem Versteck hervortretend mein Handy überreichte. Verdattert nahm ich es entgegen und wurde von den optimistischen Worten unserer Kinderärztin am Handy überrascht: „Aber, aber morgen ist auch noch ein Tag, versuchen sie es morgen einfach wieder mit dem Töpfchen!“ Ja, und bis dahin gehe ich noch eine Runde schaukeln, vielleicht pupst mich ja sogar jemand an.